Was ist positives Hundetraining und warum sollten wir positiv mit unseren Hunden arbeiten?
In den letzten Jahren haben sich die Arbeitsweisen im Hundetraining sehr stark verändert. Leider treffe ich immer noch viel zu oft auf aversiv arbeitende Kollegen und auch viele Kunden belächeln den Umgang mit positiver Erziehung. Klar laut ihnen brauchen unsere Hunde ein harte Hand. Ich kann nur sagen, meine Erfahrungen liegen da ganz anders. Positive Erziehung ist nachhaltig und stärkt die Bindung zwischen uns und unserem Tier.
Hundeerziehung kann und sollte wirklich Spaß machen und zwar nicht nur uns Haltern sondern auch unseren Vierbeinern. Während man früher sehr viel über Strafen (Rütteldosen, Leinenziehen, Stromhalsbänder etc.) erarbeitet hat, sprechen heute immer mehr Trainerkollegen über Training mit positiver Verstärkung. Klar ein Training mit Strafe funktioniert, aber habt Ihr Euch mal gefragt, warum genau? Macht unser Hund wirklich gern was wir von ihm verlangen oder tut er es vielleicht nur aus Angst und Unserseits heraus? Ich lege in meiner Hundeschule sehr großen Wert darauf, dass meine Kunden mittels positiver Verstärkung arbeiten und aversive Trainingsmethoden abgelegt werden. Aber was genau ist damit gemeint? Wie sieht ein solches Training wirklich aus?
Bedeutet positives Training wirklich, dass wir ganz auf Grenzensetzen verzichten?
Ich verfolge in meinen Trainingsstunden das Motto: "Bringe den Hund dazu, mit Dir arbeiten zu wollen und nicht zu müssen", denn nur dann kann ein Training wirklich nachhaltig und effektiv sein. Es geht im Hundetraining meist darum, ein Verhalten unseres Vierbeiners zu festigen oder zu verändern. Wir wollen gewünschtes Verhalten häufiger sehen und unerwünschtes Verhalten abstellen, d.h. verändern. Aber wie genau soll das ohne Strafen nur mit positiver Verstärkung gehen? Wie kriegen wir unsere Hunde dazu, ein gewünschtes Verhalten öfter zu zeigen und andere Verhaltensweisen im besten Fall ganz zu unterlassen; und dass Ganze auch noch mit Freude?Hierzu möchte ich gern erst einmal auf die positive Verstärkung an sich eingehen. Bei mir werden Trainingstechniken auf Basis der positiven Verstärkung eingesetzt um unsere Fellnasen dazu zu bringen, ein bestimmtes Verhalten zu festigen oder zu unterlassen. Das heißt, ich gebe den Vierbeinern für Dinge, die sie super gut machen ein positives Feedback mittels Belohnungen. Dieses Feedback vermittelt unseren Hunden ein gutes Gefühl, das gewünschte Verhalten wird, natürlich in anfänglicher Erwartungshaltung auf die Belohnung, von unserer Fellnase gern wieder gezeigt. Aber wie geht man mit Verhaltensweisen um, die wir verändern oder abstellen wollen (unerwünschte Verhaltensweisen)? Auch hier nutze ich die positive Verstärkung, denn jeder Hund zeigt vor dem Fehlverhalten eine Verhaltensweise, die noch erwünscht ist und genau dieses Verhalten fangen wir ein und belegen es positiv, verstärken es also und formen uns so das gewünschte Verhalten. Unsere Fellnase wird schon bald merken, dass sich erwünschtes Verhalten mehr für sie lohnt als unerwünschtes. Das unerwünschte Verhalten wird sich also reduzieren und gewünschtes Verhalten wird immer häufiger gezeigt. Belohnungen können und und sollten hier variieren. Womit genau Ihr belohnen könnt, erkläre ich im Weiteren.
Positives Training mittels Markersignal
Wir und unsere Vierbeiner sprechen leider ganz unterschiedliche Sprachen, Missverständnisse sind also vorprogrammiert. Damit das Training mittels positiver Verstärkung möglichst optimal funktioniert, ist eine funktionierende Kommunikation eine wichtige Voraussetzung. Und genau hier kommt das Markersignal zum Einsatz. Ich persönlich benutze als Marker sehr gern den Clicker, aber auch Worte können uns hier dienen. Hier sollte nur darauf geachtet werden, dass diese nicht im normalen Sprachgebrauch vorkommen (hipp, top, Kiwi etc.). Worte haben den Nachteil, dass wir durch unsere Stimme wieder Emotionen in bestimmte Situationen reinbringen können, der Clicker ist emotionslos.
Das Markersignal....
- ist eine eindeutige Kommunikation zwischen uns und unserem Hund (vermittelt unserem Hund Informationen)
- ist eine gemeinsame Sprache für Hund und Halter- ist eine Ankündigung für eine Belohnung und das wirklich immer (keine Marker ohne Belohnung)
- markiert Verhalten punktgenau und erleichtert uns das Timing
- schafft durch den rein positiven Charakter Sicherheiten beim Hund
Das Markersignal ist also ein Kommunikationshilfsmittel für Euch und Eure Fellnase und hilft Euch das Timing der positiven Verstärkung noch effektiver zu nutzen. Der Marker markiert also bestimmte Verhaltensweisen des Hundes und kündigt angenehme Folgen für diesen an. Super an der ganzen Sache ist, dass Ihr zum Schlüssel für die tollen Belohnungen werdet, denn von Euch ertönt der Marker und dieser verspricht eine Belohnung. Ihr werdet so also immer wichtiger für Eure Fellnasen und diese wollen noch mehr mit Euch kooperieren. Eure Bindung wird gestärkt und die gewünschten Verhaltensweisen werden immer häufiger gezeigt.Noch dazu bekommt Ihr meist schleichend eine Umorientierung des Hundes gratis dazu, denn der Hund erwartet eine Belohnung, welche ja von Euch ausgeht (hierzu zählen nicht nur Futterbelohnungen sondern auch eine Interaktion mit Euch, egal wie Ihr diese gestaltet) und orientiert sich daher in vielen Fällen zu Euch um.
Belohnungen – jeder Hund ist anders
Immer wieder werde ich gefragt, muss ich immer mit Futter belohnen???? Hier kann ich als Antwort ein ganz klares Nein aussprechen. Aber ganz klar kann ich sagen, nimmt ein Hund Futter an, verläuft gerade das Anfangstraining deutlich einfacher. Unsere Hunde sind bestechlich und genau das machen wir uns zu Nutze. Aber: Jeder Hund ist individuell und so sind auch die Belohnungen für unsere Hunde nicht immer gleich. Hier sollten wir uns Gedanken darüber machen, womit können wir unsere Hunde neben Futter noch belohnen? Was macht ihnen Spaß. Alles was unseren Hunden Spaß macht kann als Belohnung eingesetzt werden. Der Eine mag es gestreichelt zu werden, der andere empfindet dieses eher als unangenehm, für den Einen ist das Jagen eines Spielzeuges das Größte für den anderen ist es eher mittelmäßig interessant bis blöd. Für den Einen ist der Hauptgewinn eine Futtersuche, für den Anderen ist auch dieses nicht lohnenswert. Hier müsst Ihr genau herausfinden, womit Ihr Eure Fellnase belohnen könnt und was auch wirklich als Belohnung eingesetzt werden kann und was nicht. Die Bedürfnisse unserer Vierbeiner sind sehr individuell. Um sie zielführend einsetzen zu können, ist es wichtig sich der Bedürfnisse unserer Hunde einmal bewusst zu sein. Wir müssen uns immer vor Augen halten, positive Verstärkung funktioniert nur dann, wenn wir Belohnungen finden, die unser Hund auch tatsächlich als eine Belohnung empfindet. Denn nur dann verstärken wir ein Verhalten und unser Hund kann es freiwillig öfter zeigen.
Positives Training, trotzdem Grenzen setzen, aber freundlich
Genau wie wir auch müssen unsere Hunde Grenzen lernen und im Idealfall auch beachten. Dies ist für ein harmonisches Zusammenleben unerlässlich.
Aber wie genau setze ich Grenzen und das auch noch positiv? Um das zu klären müssen wir uns einmal kurz vor Augen führen, wie ein Hund eigentlich handelt.
Am Beispiel „Hund soll nicht ins Bad“Unsere Fellnase läuft durch die Wohnung, kommt am Bad vorbei, läuft dabei hinein und klaut die Klorolle um sie zu zerpflücken. Wie sagen wir unserem Hund nun freundlich, dass das Badezimmer für ihn tabu ist? Hier setze ich bereits an, wenn der Hund noch das erwünschte Verhalten zeigt und nicht erst, wenn er bereits im Fehlverhalten ist. Das heißt, er befindet sich noch VOR dem Bad. Ist unsere Fellnase noch vor dem Bad erhält er hierfür das Markersignal und eine Belohnung. Unser Hund wird sich nach dem Aufnehmen seiner Belohnung wieder zu uns umorientieren bzw. kurz vor dem Bad stehen bleiben. Dieses Verhalten wird erneut mit dem Markersignal und einer Belohnung verstärkt. Wir wollen also erreichen, dass unser Hund den Bereich außerhalb des Bades als sehr lohnenswert empfindet und so das Hineingehen immer uninteressanter wird. Diese Art von Training nennt sich in der Fachsprache auch Barrieretraining. Wenn wir nun neben der Futterbelohnung noch ein eigenes Spielzeug zum Zerpflücken anbieten, befriedigen wir sogar noch das eigentliche Bedürfnis des Hundes um das Bad zu betreten. Kritisch sollten wir uns aber fragen ob das Zerpflücken möglicherweise noch eine andere Ursache haben könnte wie z.B. starken Stress, Unsicherheiten oder Aufregung. Auch sollten in der Zeit des Barrieretrainings Managementmaßnahmen ergriffen werden. Das heißt, wir sollten es unserem Hund unmöglich machen, unerwünschtes Verhalten zu zeigen. Im Fall des Badezimmers könnten wir hier mit einem Türschutzgitter arbeiten oder aber die Tür sollte geschlossen werden. Diese Maßnahmen werden im Laufe des Trainings dann zwar abgebaut, sie helfen aber gerade in der Anfangszeit unseren Vierbeinern.
Fazit:
Positives Hundetraining soll Hund und Halter Spaß machen, es ist mehr als fair und toleriert auch den einen oder anderen Fehler. Ein fairer und berechenbarer Umgang mit unseren Hunden ist der Schlüssel zu einer guten Bindung und macht uns zu einem unschlagbaren Hund-Mensch-Team.